Frankfurt/Griesheim - Forschungsstand zu einer vermuteten römischen Mainbrücke

In den Jahren 2016, 2017 und 2019 führten Taucher der BGfU (Bayerische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e.V.), Dr. Tobias Pflederer, Detlef Peukert, Dipl.-Biologe, Eric Kreßner B.A und Gerd Knepel, archäologischer Forschungstaucher und Taucheinsatzleiter sowie der Verfasser in Kooperation mit dem Geschichtsverein Griesheim e.V. Leitung Harry / Gunther Haarstark M.A., taucharchäologische Prospektionen im Uferbereich des Mains zwischen Schwanheim und Griesheim durch. Ziel der Prospektionen war es, nach möglichen Überresten einer römischen Brücke zu suchen, diese zu lokalisieren und deren Zustand zu dokumentieren. Eine römische Brücke war nach Betrachtung des römischen Straßensystems an dieser Stelle schon länger vermutet worden. Erste schriftliche Hinweise ergaben sich aus einem Schreiben des Korrespondenzblattes des Gesamtvereins der Deutschen Geschichts- und Altertumsvereine (Bd. 21, 1873, S. 11), als Baurat Borggreve von Beobachtungen berichtete, die er bei der Ausbaggerung des Mains beobachtet hatte: „Die geförderten Pfähle waren alle unten angespitzt, theils von einbäumigen d.h. ungespaltenen, theils von gespaltenem Holze 10 bis 20 Centimeter dick, etwa 1,50 Meter lang, wie es schien von Eichenholz, schwer und spröde. Es ist von der Conjektur, dass es sich hier um eine Mainbrücke aus sehr alter Zeit handle“. Im Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine von 1924 Nr. 1-3, Januar bis März wird ebenfalls auf die Brücke hingewiesen: „Jetzt trug man auch keine Bedenken mehr, den römischen Ursprung der Schwanheimer Brückenreste und der wiederum nur 8 km unterhalb der Hanauer Brücke bei Bürgel von F. Kofler nachgewiesenen Pfeilerreste anzuerkennen“.

Die unterwasserarchäologische Untersuchung erfolgte in Abstimmung mit dem Denkmalamt der Stadt Frankfurt am Main, Abt. Bodendenkmalpflege, Frau Dr. Hampel. Seitens des WSA Aschaffenburg (Wasser- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg) wurden Side-scan-sonar Bilder zur Verfügung gestellt.

In den Side-scan-sonar Bildern zeigten sich Strukturen, die im rechten Winkel zur Fließrichtung verlaufen und sich deutlich über den Flussgrund erheben. Bei Tauchgängen, die von Griesheimer Seite vor dem Gelände der Fa. Infrasite (ehemalig Farbwerke Höchst) stattfanden, wurden in ca. 2,5 m Tiefe am nördlichen Ufer die hölzernen Überreste zweier rechtwinklig zulaufender Pfahlreihen gefunden, deren längerer Schenkel als Teil einer Rahmenkonstruktion aus Spalthölzern angesprochen werden kann. Die Konstruktion verläuft parallel zur Uferlinie. Nach heutigem Forschungsstand ist diese als ein Fähranleger aus dem 18. Jh. n. Chr. anzusprechen. Der Fähranleger besteht aus einer ca. 1,6 m hohen Palisadenwand, die tal- und bergseitig eine schmale Seite aufweist und gegen das abfallende Ufer ausläuft. Innerhalb der rechten Holzkonstruktion zeigt sich ein fester Gussmörtel aus Natursteinkieseln, in dem drei Holzrundlinge mit einem Durchmesser von ca. 30 cm eingelassen sind. Es wurden Hölzer an der Holzkonstruktion verprobt und an das Labor des Curt-Engelhorn-Zentrums für Archäometrie (CEZ), Dr. Thorsten Westphal, Mannheim geschickt. Leider war eine dendrochronologische Datierung aufgrund der geringen Anzahl von Jahresringen nicht möglich. Aufgrund dieser Tatsache wurde eine C14 Untersuchung der Holzprobe vom CEZ vorgenommen. Es konnte festgestellt werden, dass es sich bei dem gespaltenen Viertelstamm sowie bei dem Rundholz um Weißtanne handelte. Mit 55,5 % Sicherheit handelt es sich um ein Holz aus dem Jahre 1731 n. Chr. In einigen Metern nordwestlich konnten weitere Palisaden beobachtet werden, die an ihrer Nordwest- und Südostseite eine schmale Seite aufweisen.

Auch zeigt das Side-scan-sonar (SSS) eine im rechten Winkel zur Fahrrinne verlaufende Erhebung, die sich deutlich vom Maingrund abhebt. Die sich abbildenden Strukturen zeigen eine deutliche Ähnlichkeit mit historischen Brückenpfeilergrundrissen. Auf der Südseite des Mains, auf Schwanheimer Seite, werden die deutlichen Befunde (2 Kegelstümpfe in ca. 3m Tiefe) im SSS sichtbar, die noch nicht betaucht wurden. Am 17.01.2019 wurde eine Fahrt mit dem SSS der BGfU und dem Boot der BGfU durchgeführt, um eventuell neue Ergebnisse zu erlangen. Im Side-Scan Bild zeigen sich eindeutige Strukturen die sich mit den Ergebnissen des Side-scan vom Wasser- und Schifffahrtsamt Aschaffenburg vergleichen lassen. Die Strukturen am Maingrund zeigen eine deutliche Ähnlichkeit mit römischen Pfeilergrundrissen (Bügeleisenform). Am 17.08.2019 fand erneut ein Tauchgang von Griesheimer Seite aus statt, mit dem Ziel, weitere Hölzer zu beproben. Geborgen wurde ein Koniferenrundling mit ca. 30 cm Durchmesser. Die erste Untersuchung durch Franz Herzig ergab, dass es sich hier um eine Fichte handelt, die sich anhand der Jahresringe in die Zeit von ca. 1680 n. Chr. einhängen lies. Diese Jahreszahl bestätigt, dass es sich hierbei um den auf Seite 2 beschriebenen Fähranleger handeln kann.

In das Side-Scan Bild wurden Pfeilerabbildungen des Befundes durch Georg Wolff, der das Kastell und die Brücke Großkrotzenburg erforschte, eingefügt, die einen Bezug zu römischen Brückenpfeilern erahnen lassen. Das Ergebnis der C 14 Datierung der beiden beprobten Hölzer und die Datierung des neu beprobten Fichtenrundlings passen zeitlich in die Erwähnung einer fliegenden Fähre (Gierfähre), die in zwei neuzeitlichen Plänen von 1885 und 1897 eingezeichnet ist. Zudem wurde am 17.8.2019 auf Schwanheimer Seite durch Maurice Komm B.A. eine Geoelektrikuntersuchung am Mainufer vorgenommen. Die Ergebnisse sind noch nicht ausgewertet. Um ein geschlossenes Bild zu erhalten, muss das Untersuchungsgebiet zusätzlich noch ausgeweitet werden. Das Ziel der Untersuchung, welche den Widerstand im Boden misst, ist der Versuch des Nachweises weiterer Brückenpfeiler. Nachdem die Ergebnisse ausgewertet sind, werden an einigen ausgewählten Stellen mit dem Erdbohrer Bodenproben entnommen.

 

 

Jürgen Reitz