Das Schindelwrack im Starnberger See - Dokumentation des Verfalls

Bereits seit 2014 beschäftigt sich der Autor intensiv mit den Möglichkeiten einer 3D-Modellierung, die die Dokumentation von unterwasserarchäologischen Objekten erheblich vereinfachen kann. Darüber hinaus ist die Technik hervorragend geeignet, um das „unter Wasser Dokumentierte“ auch über Wasser anschaulich und publikumswirksam zu vermitteln. Die Erprobung und Weiterentwicklung der 3D-Modellierungstechnik wurde an zwei Objekten im Starnberger See durchgeführt. Dabei handelt es sich um das sogenannte „Schindelwrack“ (auch „die kleine Josefine“ genannt) und um die „Josefine“, dem Wrack eines 13 m langen Transportschiffes, das nahe der Wasserwachtstation vor Allmannshausen liegt. Beide Boote befanden sich ursprünglich im Besitz des gleichen Eigners, Josef Böck, der auch unter seinem Hausnamen „Fischermichl“ bekannt war. Der Untergang der „kleinen Josefine“ (dem „Schindelwrack“) ereignete sich vermutlich zwischen 1911 und 1914. Das Boot misst 5,65 m in der Länge, 1,45 m in der Breite und liegt in ca. 37 m Wassertiefe mit einer Ausrichtung von 157° eben auf dem Grund. Die Ladung liegt noch sauber aufgereiht an Ort und Stelle, was für einen raschen Untergang des Bootes ohne Verkippung während des Sinkvorganges spricht. Etwa um das Jahr 1964 haben Taucher aus München die Bugschnecke, die Bugzier des Bootes, abmontiert. Diese kann heute, zusammen mit anderen Bugköpfen („Krullgalion“), im Museum Starnberger See in Augenschein genommen werden.

 

Mithilfe der 3D-Technik konnte auch von der Bugschnecke ein dreidimensionales Bild erstellt werden, das in das Gesamtmodell der „kleinen Josefine“ maßstabsgetreu eingesetzt werden konnte. Nachdem das Zusammenfügen von Bugschnecke und Boot millimetergenau gelang, dürfte zweifelsfrei feststehen, dass Boot und Bugzier zusammengehören. Spannend ist auch die Ladung der „kleinen Josefine“, die dem Boot in Taucherkreisen seinen Namen „Schindelwrack“ gegeben hat. Sie besteht aus Schieferschindeln, ca. 29,5 cm lang, 22 cm breit und im Schnitt 600 g schwer, die eine für die damalige Zeit sehr ungewöhnliche Form haben. Die Herkunft des Schiefers konnte bis nach Süd-Thüringen, zu den Lehestener Brüchen zurückverfolgt werden. Um Erosion und Zerstörungsvorgänge an besagtem Objekt zu dokumentieren, wurden die 3D-Dokumentationen regelmäßig seit 2014 wiederholt. Ende 2017 erfolgte die mittlerweile vierte Bestandsaufnahme am Schindelwrack. Wie es sich im Winter 2016/2017 schon angekündigt hatte, zeigte sich nun ein rapider Verfall der Steuerbordwand. Dieser beginnt an der noch existenten obersten Planke. Die darunterliegende Planke sowie der Boden des Bootes sind, soweit ersichtlich, davon noch nicht betroffen.


Ob dieser Verfall auf das Alter des Bootes, den Lageort oder auf die Sporttaucher zurückzuführen ist, kann noch nicht endgültig beantwortet werden. Klar ist lediglich, dass der Verfall nicht mehr schleichend, sondern in großen Schritten voranschreitet. Zu guter Letzt noch eine positive Nachricht. Das „Museum Starnberger See“ hat im Rahmen einer Sonderausstellung zum Thema Bootsbau (vom 28.07.2017 bis 05.11.2017) dem „Schindelwrack“ eine eigene Vitrine gewidmet. Gezeigt wurden ein ca. 50 cm langes 3D-Modell, das der Autor des Artikels durch die gewonnenen Daten in Eigenarbeit drucken und colorieren konnte – darunter die drei geborgenen Schindeln und die Bugschnecke. Auch ein eigens aufgenommener Film wurde auf einem beigestellten Monitor gezeigt.

 

 

Robert Angermayr