Im September 1994, im Juni 1995 und im Juni 1996 hatten einige Mitglieder der BGfU die besondere Gelegenheit, an den jeweils 10-tägigen Grabungskampagnen des kroatischen Denkmalamtes an einem spätrömischen Wrack vor der Insel Hvar, Dalmatien, teilzunehmen. Bis auf Hubert Beer, der bereits vor Sardinien antike Wracks betaucht hatte, konnte niemand der bayerischen Taucher Erfahrungen mit Wrackgrabungen vorweisen. Trotzdem lud Prof. Ferdinand Meder die jungen Forscher relativ unbürokratisch zur Teilnahme als Gasttaucher ein. Fahrtkosten, Unterkunft und Verpflegung trug jeder selbst. Boot, Grabungsequipment und Pressluft stellten die Kroaten, die ihre Mannschaft aus dem ganzen Land zusammengetrommelt hatten. Da waren unter anderem: Nino, der hünenhafte Tauchlehrer aus Dubrovnik mit seiner Nichte Petra. Vlado, der Mechaniker, der sämtliche Motorteile mit deutschen Namen kannte. Kruno, der Archäologiestudent, der heute im Denkmalamt tätig ist. Ivan, der Zeichner. Jasen, der später ein Jahr das Amt des Kulturministers von Kroatien bekleidete. Marijan, Ressortleiter Unterwasserarchäologie des Denkmalamtes, der wenig Interesse an uns zeigte und schließlich Mario Jurišić, der leidlich Deutsch sprach und die technische Leitung innehatte. Mit ihm entwickelte sich rasch ein Freundschaftsverhältnis, Basis für die spätere gemeinsame Brioni-Grabung. Die Fundstelle (Duboka) lag in einer Tiefe von rund 20 m und wurde täglich mit einem gecharterten Fischkutter von Vrboska aus angefahren. An Bord befanden sich ein alter, roter VW-Motor zum Betreiben der zwei Saugpumpen (Water Dredges) sowie ein großer Kompressor, der nahezu rund um die Uhr die Flaschen füllte. Ziel der Kampagnen war erstens das Bergen der aus dem Sand ragenden Amphoren, um ein Plündern durch Schatztaucher zu verhindern, zweitens das Aufsammeln weiterer Funde zur Datierung und drittens das Erstellen einer groben Skizze der Ausmaße und Bauweise des Schiffes. Eine Bergung (und dann notwendige Konservierung) der Hölzer stand aus finanziellen Gründen nicht zur Diskussion.
Das Fundspektrum gestaltete sich äußerst vielseitig, aber durchaus typisch für römerzeitliche Wracks. Neben der Amphorenladung fanden sich etwa Balaststeine, Bleiplatten, Terra-Sigillata-Keramik, Tubifittili, ein Holzkamm, Mosaiksteinchen und Dachplatten, letztere vielleicht als Teil der Kombüse. Mario datierte das Wrack ins 3./4. Jahrhundert n. Chr. Am Ende der letzten Kampagne 1996 – die BGfUler drehten dabei eine Videodokumentation – bedeckte man zur Fundstellensicherung die gut erhaltenen, hölzernen Schiffsreste wieder mit Sand. Die geborgenen Amphoren – der Großteil vom Typ Africana 2 – lagerte man mehrere Jahre zum Entsalzen in Vrboska direkt neben dem Apartmenthaus in einer Zisterne. Sie sind heute zusammen mit anderen Fundstücken im Museum des benachbarten Starigrads zu sehen.
Marcus Prell