Kroatien, Velika Sestrica - Die Schiffswrack von Rovinj 2019

Im Zuge des Kollaborationsprojektes der BGfU und der ICUA aus Zadar, fand Mitte Juni 2018 und im Mai 2019 vor der Küste der Stadt Rovinj am Inselpaar ‚Sestrice‘, was übersetzt ‚die Schwesterchen‘ bedeutet, das Folgeprojekt von Veliki Peruzi statt. Vorausgehendes Projekt am Wrack von Veliki Peruzi, welches sich nur 7 km nordwestlich dieser Grabung befand, wurde in den Jahren 2014-2017 ergraben und von Max Fiederling in seiner Masterarbeit aufgearbeitet und publiziert. Die Erforschung von Veliki Piruzi [und im Folgenden dann auch Velika Sestrica] war von Beginn an als Teil eines mehrjährigen Projektes zur Erforschung von insgesamt vier römischen Wrackfundstellen nahe Rovinj geplant.

Entdeckt wurde die Stelle von Marko Srečec, einem bereits langen Freund der BGfU. Dessen neue Tauchbasis ‚The Old Diver‘, auf dem Campingplatz Mon Perin bei Bale/ Valle und dessen Tauchboot dienten in beiden Kampagnen zur infrastrukturellen Unterstützung.

 

Vorab wurde bereits 2013 unter der Leitung von Dr. Luka Bekić ein Survey an der Insel Velika Sestrica durchgeführt, bei welchem elf Sonderfunde entnommen wurden, bestehend aus charakteristischen Forlimpopoli Amphorenfragmenten, primär Henkeln, welche einen Schiffsbruch annehmen ließen. Das Team der ersten Kampagne formten auf kroatischer Seite Dr. Luka Bekić, Dr. Mladen Pešić, Maja Kaleb und Roko Surić, sowie Borna Krstulović. Die BGfU engagierte sich mit Max Fiederling, Michael Heinzlmeier und Marko Runjajić.  2019 wurden Max und Michael durch Eric Kressner und unsere neuen Mitglieder Annika Skolik, und Georg Hartmann vertreten.Während der Grabungsarbeiten auf der Westseite der kleinen Insel befanden sich die Taucher samt Ausrüstung und Grabungsmaterial ungefähr 30 m von dem Fundplatz entfernt, die Wasserpumpe hingegen wurde auf einem kleinen Schlauchboot direkt über der Fläche platziert.Die archäologische Untersuchungsfläche erstreckt sich über ein mehr als 1000 m Quadramter großes Gebiet. Charakteristisch für dieses (Tauch)gebiet ist der mit Felsen übersäte Grund. Die Felsen unter Wasser kann man sich als Fortlauf der Küstenstreifen vorstellen. In den Felsen finden sich größere Spalten und Löcher sowie Sandflächen mit Steinen, welche den größeren Teil des archäologischen Fundmaterials beherbergen. Außerdem sind zwischen den Felsen, beim Ausgraben, auch mit Sand gefüllte, kanalartige Gruben zu beobachten. Aufgrund jahrelanger Erfahrungswerte wurde auf bewährte Strategien und Vorgehensweisen zurückgegriffen. Man brachte zwei Fixpunkte an, um eine Grundlinie (Baseline) für Messungen und Orientierung zu generieren. Mit einer Ausrichtung von SSW in Richtung NNO betrug die Entfernung zwischen den beiden Fixpunkten A und B 37 m, welche damit nicht die Gesamtlänge der Grabungsfläche absteckten. Dies hatte zur Folge, dass man sich neben diesen beiden Punkten dafür entschied, 19 weitere Fixpunkte (C-V) über die gesamte Fläche zu verteilen, um eine präzise und schnelle Dokumentation der einzelnen Fundobjekte zu ermöglichen.

 

Als 2018 die eigentlichen Grabungsarbeiten an sieben Gruben und Höhlen unter den Felsen begannen, dokumentierte man 190 Sonderfunde. Primäres archäologisches Fundmaterial umfasste Keramik-, Glas-, Metall- und Steinfunde. Unter die Keramikfunde fallen Amphoren, welche sich Forlimpopoli Amphoren sowie dem Typ Dressel 2-4 zuordnen, Schüsseln, eine Öllampe mit Fortis-Prägung, Deckel von Amphoren und Schüsseln sowie Baumaterial. Die Steinblöcke wurden abgemessen. Aufgrund der sehr spärlichen Wracküberreste wurde versucht alle möglichen Informationen zu erfassen. Es wurden alle Wandscherben eingesammelt, fotografiert, gewogen und gezählt. Danach wurden diese wieder zurück zum Meeresgrund des Fundplatzes gebracht. 2019 war es, bedingt durch das schlechte Wetter, nicht möglich alle geplanten Tauchgänge durchzuführen und genug weitere Informationen einzuholen. Laut Dr. Luka Bekić sei es notwendig so viel wie möglich von der Fläche zu erschließen, um wissenschaftlich wertvolle Aussagen treffen zu können. Eine Folgekampagne für Oktober 2020 ist bereits angesetzt. Nichtsdestotrotz wurden während der 2019er Kampagne weitere für die Datierung aussagekräftige Sonderfunde ausgegraben. Ein rechteckiger Schiffsnagel, eine Nadel, als auch ein Topfboden werden nach Abschluss des Projektes eine wesentliche Rolle bei der geschichtlichen Einordnung des Wracks spielen. Die Fortis Lampe, genauso wie die Amphoren verraten allerdings, dass es sich wohl um die Überreste eines kaiserzeitlichen Wracks aus dem 1. oder 2. Jh. n. Chr. handelt. Auch gilt es die Herkunft des Materials anhand von Proben zu klären. „Waren die Steinblöcke Teil der Ladung und woher kommen Sie?“, muss daher noch abgewartet werden.

 

 

 Eric Kreßner, Marko Runjajić