Bernried  – Unterwasserarchäologie zwischen Mittelalter und Neuzeit

 

 

2018 wurden die Prospektionen im Litoral des Starnberger Sees vor Bernried intensiv fortgesetzt. Zwischen Mai und Oktober wurden fast wöchentlich schnorchelnd Kontrollen in Uferabschnitten durchgeführt, die besonders von Erosion betroffen sind. Das Vorgehen, die Prospektionen apnoetauchend durchzuführen hat sich dabei bewährt, da relativ unabhängig von jeder Anfahrtslogistik das Litoral an nahezu jeder Stelle erreicht werden konnte. Auch bestand beim Schnorcheln eine größere Flexibilität auf den Bootsverkehr spontan zu reagieren. Oftmals wurde ökologisch-vorbildlich Bernried mit dem öffentlichen Personennahverkehr erreicht, um dann mit einem Minimum an Ausrüstung, den See zu untersuchen. Allerdings beschränkte dieses schonend-nachhaltige Vorgehen die Prospektionen auf den Litoralbereich der ersten fünf Meter Wassertiefe. Tiefere Seeabschnitte vor Bernried konnten stichprobenartig von Max Fiederling und Robert Angermayr untersucht werden.

 

Im Rahmen des Bernried-Projekts fanden sehr produktive Kooperationen mit verschiedenen Institutionen statt: Prof. Dr. Bernd Päffgen vom Historicum der Universität München hat auch 2018 wieder die archäologische Leitung übernommen. Durch Dr. Martinus Fesq-Martin fand die Vernetzung mit der Arbeitsgruppe Biogeographie des Geographischen Institutes der Universität Augsburg statt. Er betreute dabei zwei Bachelorarbeiten zu den Forschungen in Bernried: Michaela Spindler legte im September ihre Bachelorarbeit über historische Hölzer aus dem Uferbereich vor, nachdem zuvor auch RTI Datensätze der Bearbeitungsspuren einiger Hölzer vor Ort angefertigt wurden. Frau Spindler wurde dabei sehr konstruktiv von Franz Herzig vom BLfD in Thierhaupten unterstützt. Anton Scharpf befindet sich kurz vor Abschluss seiner Bachelorarbeit zu Seespiegelschwankungen. Daneben wurden von der Universität Augsburg zwei mehrtägige Geländeübungen für Geographiestudenten in Bernried organisiert. Hierbei stand die Rekonstruktion von historischen Umweltbedingungen des Starnberger Sees im Vordergrund. Diese Praktika wurden tatkräftig von Max Fiederling und Max Ahl unterstützt.

 

Im Rahmen dieser Fortführung des Bernried-Projektes, konnten ergänzend zu dem Bohrtransekt im Vorjahr, drei weitere Bohrkerne nördlich des Anlegers in unterschiedlichen Tiefen (2, 5 und 10 m Tiefe) entnommen werden, deren genaue Positionen mittels Offset angelegt und anschließend total eingemessen wurden. Erneut zeigten sich hierbei Schichtpakete, welche aktuell ausgewertet und im Detail weiter untersucht werden müssen. Nur mit diesem weiteren Vorgehen werden sich Antworten auf die Fragen finden, wann genau und in welcher Form dieser exakte Uferbereich in der Nähe des Klosters genutzt wurde und für welche Zwecke. Diese zusätzlichen Anhaltspunkte der neuen Bohrkerne führen zusammen mit den monitoring Ergebnissen, bei denen erneut die starke Erosion im Bereich des Anlegers hervorzuheben ist, zu einem weiterführenden Dokumentationskonzept, in dessen Rahmen eine oder mehrere kleinräumige Sondagen über die genaue Stratigraphie der vor Ort vorhandenen Schichtpakete Auskunft geben sollen. Hierbei wurden 2018 u.a. erneut gänzlich offen liegende Kultur- bzw. Abfallschichten angetroffen, die 2019 im Detail dokumentiert und in einer Grabung erforscht werden sollen. Für die Detailplanungen dieser zukünftigen Grabung wurde von M. Fiederling ein neues, aktuelles 3D Modell erstellt.

 

Mit den zahlreichen Befunden aus dem Litoral von Bernried wird sich ein vielfältiges Bild über die Lebenswirklichkeiten der Kloster- und Fischergemeinde zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert rekonstruieren lassen. Eine besondere Fundkonzentration liegt aus dem 17. Jahrhundert vor, die als entsorgter Abraum am Ende des Dreißigjährigen Krieges interpretiert wird (Päffgen & Fesq-Martin 2018). Neben charakteristischer Alltagskeramik fanden sich auch organische Reste aus Knochen, Holz und Leder. Zahlreiche Kienspäne vermitteln einen Alltag in der frühen Neuzeit, dem noch Elektrizität unbekannt war. Wie die Bachelorarbeit von Michaela Spindler zeigen konnte, wurden Holzarten wie etwa Eiche, Kiefer oder Buchsbaum aufgrund ihrer unterschiedlichen Materialeigenschaften für jeweils sehr spezielle Zwecke verwendet. Die Unterwasserprospektionen und Bohrungen lassen auch Aussagen über potentielle Seespiegelschwankungen etwa im Rahmen der Kleinen Eiszeit zu. Weiterführende Untersuchungen sind dazu allerdings erforderlich.  So soll auch 2019 das Bernried-Projekt fortgesetzt werden, um vor allem die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lesefunde zu zeichnen und archäologisch zu interpretieren. Dazu ist eine Publikation in konkreter Planung.

 

Die beiden Schüler Finn Fesq und Max Päffgen haben die Prospektionsschnorchelgänge vor Bernried immer wieder hilfreich begleitet. Finn Fesq hat damit begonnen, die als Lesefunde gemachten Tierknochen zu bestimmen. Bei dem Zufallsfund einer Granate im Uferbereich hat Finn Fesq maßgeblich zur Umsetzung der Rettungskette beigetragen

 

Besonders hervorhebenswert ist das große Interesse und die Unterstützung der Gemeinde Bernried. Der Bürgermeister Josef Steigenberger hat einen bedeutenden Anteil am Erfolg des Bernried-Projektes – ihm ganz persönlich sei herzlich gedankt!

 

Die Unterwasserarbeiten in Bernried wurden mit Schnorchelausrüstungen der Firmen Ameo-Powerbreather und Mares gefördert.

 

 

 

 

 

Martinus Fesq-Martin, Max Fiederling, Robert Angermayr

 

 

Literatur:

 Jahresbericht der BGfU 2017 – M. Ahl: Tauchprospektion vor dem Kloster Bernried

 

Päffgen, Bernd & Martinus Fesq-Martin (2018): Spurensuche Unterwasser. Akademie aktuell, Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 03/18, S. 68-71.