UNESCO-Monitoring an der Roseninsel 2015                                             "Ein neues Arbeitsfeld..."

 Im Vorjahr (siehe Jahresbericht 2014) waren in der Flachwasserzone um die Roseninsel im Starnberger See insgesamt 168 Messpunkte installiert und die UNESCO-Welterbekernzone mit einer Fläche von über 15 Hektar in Sektoren von 25x25 Metern Größe unterteilt worden. Damit war die Grundlage für die Aufnahme denkmalpflegerischer Monitoringarbeiten gelegt. Zwar existieren von einzelnen Bereichen um die Insel detaillierte Untersuchungen der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e. V. (BGfU), wie die Ergrabung und Hebung des bekannten Roseninsel-Einbaumes aus der Urnenfelderzeit in den Jahren 1987 bis 1989, die Aufnahme von mehreren prähistorischen Pfahlreihen und Holzstrukturen vor dem Südostufer in den Jahren 1990 bis 1994 sowie die spannende Dokumentation von eisenzeitlichen Bauhölzern und Resten von Kulturschichten vor der Nordostspitze in den Jahren 2005 bis 2007. Ein genauer und vor allem aktueller Überblick über die gesamte, die Insel umgebende Welterbefläche fehlte jedoch. Die vorliegenden Pläne stützen sich neben den punktuellen Forschungsarbeiten der BGfU vorwiegend auf Beobachtungen aus dem 19. Jahrhundert und auf entzerrte Luftbildaufnahmen. Systematische Beobachtungen zu Gefährdungen der Welterbestätte existierten bislang nicht. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege gab vor diesem Hintergrund und im Rahmen der Managementpläne für die 2001 neu hinzugekommenen UNESCO-Welterbestätten die Erarbeitung eines unterwasserarchäologisch-denkmalpflegerischen Bestandsplanes in Auftrag.

 

Unterwasserarchäologisches Monitoring war für die Taucher der BGfU bislang Neuland. Zur fachlichen Begleitung der im Januar 2015 einsetzenden Arbeiten wurde M. Mainberger gewonnen, der als Ausbilder im „Hemmenhofener Trainingszentrum für Binnengewässerarchäologie“ (HTCIWA) mehrere Schulungsveranstaltungen mit Tauchern der BGfU durchführte und die Arbeiten an einigen Tagen auch praktisch begleitete. In den Wintermonaten, erneut von Juli bis August sowie im November wurden durch die Taucher der BGfU an insgesamt 24 Arbeitstagen 141 Sektoren auf einer Gesamtfläche von 88.125 Quadratmetern betaucht und unterwasserarchäologische Befunde dokumentiert. Hauptaugenmerk galt dabei den vorhandenen Holzstrukturen, wie Pfählen, Pfahlfeldern, Pfahlreihen und liegenden Bauhölzern sowie dem im jeweiligen Sektor vorhandenen Grundsediment (z. B. Seekreide oder Kulturschicht). Dazu wurden der Makrophytenbewuchs, rezente Einbauten und die Höhe des Decksediments aufgenommen. Zur Erleichterung von Einmessungen wurden die Sektoren an mindestens zwei Längsseiten mit Maßbändern ausgelegt, an denen sich die Taucher orientieren und so ein mäanderförmiges und vollständiges Absuchen der Sektorenfläche garantieren konnten. Die Befunde wurden entweder in Bezug auf die Maßbänder oder mit einem Hand-GPS im Mittelungsmodus bei einem Messfehler von 1-2 Metern eingemessen. Die Daten wurden tagessynchron in eine eigens für unterwasserarchäologisches Monitoring entwickelte Dokumentationssoftware eingepflegt und durch den örtlichen Leiter gegengelesen sowie auf Konsistenz überprüft. Dabei zeichnet sich ab, dass der bislang vorliegende Befundplan, der sich auf die oben angegebenen Inhalte stützt, in einigen Bereichen nicht der aktuellen unterwasserarchäologischen Befundsituation entspricht. Häufig konnten Pfahlstellungen angetroffen werden, die bislang nicht oder an anderer Stelle kartiert sind. Zusätzlich scheinen sich einige Holzbefunde auch außerhalb der bislang geltenden Welterbe-Kernzone zu erstrecken.

 

Darüber hinaus wurden im Februar 2015 erstmals alle 168 Erosionsmarker „abgelesen“. Die ersten Analysen der gewonnen Daten ergeben in Bezug auf Risiken und Gefährdungen der Welterbestätte ein zwar vorläufiges, aber doch sehr beunruhigendes Bild. Erosionsvorgänge bilden sich in einem ersten „Erosionsplan“ vor allem vor der Nordostspitze sowie in bestimmten Bereichen vor dem West- und Ostufer der Insel ab. Hier liegen Kulturschichten am Seeboden offen und sind Strömung und Wellengang direkt ausgesetzt. Noch alarmierender aber ist die hohe Frequenz ankernder und anlandender Boote sowie von Badegästen, die die sensiblen Erhaltungsbedingungen der unterwasserarchäologischen Denkmäler zunehmend gefährden. Schutzmaßnahmen, wie Absperrungen und die Errichtung von Hinweistafeln scheinen dringend angezeigt. Diese Beobachtungen wurden direkt mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege kommuniziert, das aktuell an der Umsetzung von Schutzmaßnahmen arbeitet und dies auf politischer Ebene und in Kontakt mit den Landratsämtern realisieren wird.

 

Die erste denkmalpflegerische Bestandsaufnahme der Flachwasserzone um die Roseninsel soll im kommenden Jahr durch die Untersuchung der noch verbliebenen Sektoren abgeschlossen und durch ein erneutes Ablesen der Erosionsmarker ergänzt werden. Konkretere Untersuchungen in den bedrohten Bereichen sind dann in der näheren Zukunft ebenfalls vorgesehen. Die Arbeiten an der Roseninsel mit ihrer spannenden, über 6000jährigen Befundhistorie wurden darüber hinaus durch ein Filmteam des Bayerischen Fernsehens begleitet, das einen Beitrag voraussichtlich im Frühjahr 2016 ausstrahlen wird.

 

 

Tobias Pflederer / Martin Mainberger