UNESCO-Monitoring an der Roseninsel 2016                                      "Betauchen von 135.625 Quadratmetern..."

Nachdem im Jahr 2014 bereits 168 Erosionsmarker in der Flachwasserzone rund um die Roseninsel eingebracht und in 2015 eine große Anzahl an Sektoren im Rahmen des UNESCO-Monitorings dokumentiert worden waren, konnten im Jahr 2016 die Monitoringarbeiten für den ersten Beobachtungszyklus beendet werden. Von Januar 2015 bis Juni 2016 wurden insgesamt 135.625 qm Flachwasserzone durch die Taucher der BGfU untersucht. Nach Abschluss der Bestandsaufnahme sämtlicher dokumentierter Hölzer wurden insgesamt 721 Einzelpfähle, 149 Pfahlreihen sowie 246 liegende Hölzer gezählt, welche sich aus verschiedensten Holzarten zusammensetzen und aus nahezu allen geschichtlichen Epochen, von der Steinzeit bis zur jüngsten Neuzeit, stammen. Bis auf die bereits bekannten Baustrukturen – z. B. „untere“ und „obere“ Brücke, neuzeitlicher Steg auf der Ostseite, Hölzer der eisenzeitlichen Siedlung an der Nordostspitze – konnten bisher noch keine genaueren Strukturen identifizert werden. Dies wird jedoch im Rahmen der weiterführenden Arbeiten erfolgen. Gerade die Anordnung der verschiedenen Pfahlreihen spricht für mindestens einen zumindest teilweise umlaufenden Palisadenring. Der schützende Oberflächenschlick variiert rund um die Insel von 2–3 cm bis hin zu 20 cm in den tieferen Zonen. An vereinzelten Stellen, meist in der Nähe bekannter Fundplätze, tritt die Kulturschicht offen zu Tage. Die bisherigen, vorwiegend beiläufigen Funde stammen meist aus dem Spülsaum der Insel oder lagen innerhalb der Sektoren an der Oberfläche. Insgesamt fanden sich eine Vielzahl von bronzezeitlichen Scherben, mittelalterliche und neuzeitliche Fragmente von Gefäßen oder Ofenkacheln sowie eine enorme Anzahl an Tierknochen. Vereinzelt entdeckte man erneut Keramikfragmente, die vermutlich zur neolithischen Münchshöfener Kultur wie auch zur Chamer Gruppe gezählt werden dürfen. Dies spricht für eine frühere Besiedlung der Roseninsel als bisher angenommen.

 

Nach Beendigung der Arbeiten setzten sich alle Verantwortlichen noch einmal zusammen und erarbeiteten letztendlich einen ersten, vorläufigen Abschlussbericht für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD). Dieses 23-seitige Manuskript umfasst sämtliche Arbeitsmethoden, Dokumentationen der Beobachtungen und erste Ergebnisse sowie einen Ausblick auf zukünftige Aufgaben. Bei der Übergabe und Besprechung in Kempten mit den zuständigen Leitern für die Roseninsel, Dr. Jochen Haberstroh und Dr. Markus Gschwind vom BLfD setzten Dr. Tobias Pflederer und Dr. Martin Mainberger die Mitarbeiter des BLfD umfassend ins Bild der durchgeführten Arbeiten.

 

Auch 2016 wurden wieder die Erosionsmarker abgelesen, um die fortschreitende Erosion bzw. im günstigsten Fall die Aufsedimentierung zu beobachten. Leider zeigte sich, dass die bereits beim letzten Mal stark aberodierten Marker auch weiterhin an Sedimentschichten verlieren. Diese befinden sich überwiegend auf der Westseite in Höhe der mittelalterlichen „oberen" Brücke sowie an der Nordostspitze, an der die eisenzeitlichen Hölzer Stück für Stück freigespült werden. Sollte sich dieser Trend weiter fortsetzen, ist zu überlegen, andere Maßnahmen zu ergreifen, um die sensiblen Baustrukturen vor Erosion und Zerstörung durch Badegäste, Ankervorgänge sowie vor Wellenschlag zu schützen.

 

Um Seeanwohner, Segler und die vielen Touristen, welche in immer größeren Zahlen zur Roseninsel pilgern, auf die Problematik des Denkmalschutzes an diesem einzigartigen Ort aufmerksam zu machen, fand in Kooperation mit dem BLfD sowie mit Dr. Martin Mainberger vom „Hemmenhofener Trainingszentrum für Binnengewässerarchäologie“ (HTCIWA) eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung am sogenannten Welterbetag statt. Am 5. Juni wurden hierzu auf der Insel mehrere, von Mitgliedern der BGfU betreute Stationen aufgebaut, um den Besuchern sowohl die Arbeit und Arbeitsmethoden näherzubringen als auch den besonderen Status der Roseninsel hervorzuheben. An einer der Stationen wurde hierfür eigens eine Video-Liveschaltung eingerichtet, um die eingesetzten Forschungstaucher bei ihren Arbeiten direkt beobachten zu können. Zudem gab es neben der Erklärung der Tauchausrüstung die Möglichkeit, Funde, welche rund um die Insel gemacht wurden, zu begutachten, und ein Spiel- und Bastelprogramm für Kinder. Im Casino selbst fanden zwei Vorträge, gehalten von Dr. Martin Mainberger und Dr. Tobias Pflederer, statt, welche für breites Interesse und Verständnis für die Schutzmaßnahmen sorgten. Insgesamt wurde der Welterbetag sehr gut angenommen und es ist zu erwarten, dass eine solche Aktion in gewissen zeitlichen Abständen das Verständnis für unsere Arbeit innerhalb der Bevölkerung langfristig verbessert.

 

Nach langen Verhandlungen zwischen Landratsamt und BLfD konnte kurze Zeit später auch ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht werden, um die Insel zukünftig besser schützen zu können. Im Sommer wurden hierzu drei große (1 m Durchmesser) rote Signalbojen an den wichtigsten Stellen rund um die Insel befestigt. Auf den Bojen sind zudem Schilder mit dem Text „SCHUTZZONE UNESCO-Welterbe Pfahlbauten" angebracht. Da es sich lediglich um Gebotsschilder und nicht um Verbotsschilder handelt, gilt abzuwarten und zu beobachten, in wieweit sich Touristen und Anwohner an die Aufforderung halten.

 

Nach Abschluss des ersten Monitoring-Zyklus geht die Erforschung der Roseninsel auf die nächste Ebene. Um zu verstehen, wo sich zu schützende Kulturschichten befinden und wo und wann beispielsweise eine Aufschüttung von Kies zum Schutze erforderlich ist, wurde Dr. Martin Mainberger als Ausbilder des HTCIWA gewonnen. Er führte Anfang Oktober eine Schulung durch, um die Mitglieder der BGfU in der Entnahme und Dokumentation von Sedimentbohrkernen zu unterweisen.

 

Aufgrund der Zunahme an Aufgaben an der Roseninsel, deren steigender Komplexität sowie der zunehmenden Anzahl an in- und ausländischen Projekten der BGfU kristallisierte sich im Laufe des Jahres eine organisatorische Veränderung heraus. Da die Fülle an Aufgaben und Arbeiten an der Roseninsel im ehrenamtlichen Rahmen nicht mehr alleine zu bewältigen ist, erklärten sich Maximilian Ahl und Max Fiederling bereit, die zukünftigen Arbeiten im Rahmen ihrer Selbstständigkeit durchzuführen. Dies bedeutet, dass die Organisation und Koordination der Arbeiten von diesen beiden übernommen wird. Der bisherige Ablauf der Arbeiten bleibt jedoch gleich. Auch weiterhin ist die Mithilfe von möglichst vielen BGfU-Mitgliedern und vereinsinternen Forschungstauchern nötig, um die kommenden Aufgaben zu meistern. Es bleibt abzuwarten, welche spannenden und aufschlussreichen Aufgaben und Ergebnisse 2017 hinzukommen, um die Bedeutung der Insel in ihrer 6000-jährigen Besiedlungsgeschichte näher zu verstehen.

 

 

Maximilian Ahl