Die Einbäume von Prien am Chiemsee

Vom Chiemsee sind bis heute sechs Einbäume bzw. Einbaumfragmente bekannt. Drei davon sind im Heimatmuseum Prien am Chiemsee aufbewahrt. Sie wurden im Jahre 2004 von der BGfU untersucht und gezeichnet, was den Anlass für diese kurze Zusammenstellung bildet. Außerdem konnte bei zweien dieser Einbäume, zu denen Walter Torbrügge 1959 bemerkte, dass sie "nicht sicher in die Kupferzeit zu datieren sind", erstmals ein ungefähres Alter ermittelt werden.

 

Das erste Exemplar ist nur im Heckbereich vollständig erhalten. Aufgrund des fehlenden Bugbereiches ist die ursprüngliche Gesamtlänge des Wasserfahrzeuges leider nicht mehr zu ermitteln. Es zeigte sich eine Restlänge von 2,90 m, eine noch messbare Breite von ca. 70 cm sowie ein Bootsboden in einer Dicke von ca. 9 cm. 14C-Analysen ergaben eine grobe zeitliche Einordnung des Wasserfahrzeuges in die Zeit zwischen 1660 und 1755 n. Chr. Einbaum 2 weist auf einer noch erhaltenen Länge von 3,75 m, einer Breite von ca. 60 bis 70 cm sowie im Bereich beider Bordwände insgesamt mehr als 15 Astansätze auf, die als potentielle Schwachstellen anzusprechen sind. Er ist ebenfalls nicht in seiner ursprünglichen Länge erhalten und gibt leider keinen endgültigen Hinweis darauf, ob das vorliegende Bootsteil tatsächlich als Heck anzusprechen ist. Im Gegensatz zu Einbaum 1 weist dieses Exemplar wesentliche dünnere und aus dem Einbaumboden senkrecht hervorgehende Bordwände von max. 3 cm Wanddicke auf, deren oberer Abschluss trotz einer noch feststellbaren Höhe von bis zu 40 cm nicht vollständig erhalten ist. Auffällig sind weiterhin eine ca. 3 x 3 cm messende und rundliche Aussparung im Bereich der heckseitigen (?) Steuerbordseite sowie zwei lochartige Elemente im Einbaumboden. Die Fertigung des Wasserfahrzeuges fällt in die Zeit zwischen 1308 und 1426 n. Chr. Die von Torbrügge postulierte Verwendung der angesprochenen Einbäume zu vorgeschichtlichter Zeit konnte damit leider nicht bestätigt werden.

 

Der früheste Beleg für die Nutzung von Einbäumen auf dem Chiemsee stellt ein Exemplar dar, das 1994 am Südufer des Sees entdeckt und mittels 14C-Analysen in die Zeit zwischen 395 und 210 v. Chr. datiert wurde. Aus der römischen Siedlung Bedaium, dem heutigen Seebruck, stammt ein ca. 30 cm langer Spielzeugeinbaum, der anhand der Begleitfunde in das 1. Jahrhundert n. Chr. datiert.

 

Im Jahre 2003 gelang die unterwasserarchäologische Dokumentation eines im Kailbacher Winkel des nördlichen Chiemsees in ca. 12 m Wassertiefe entdeckten Einbaumes (s. Jahresbericht 2003). Das Wasserfahrzeug war Kiel oben auf dem Seegrund zu liegen gekommen, die Bordwände schienen durch herabstüzendes Hangsediment verdrückt und vom Heckteil abgerissen worden zu sein. Holzanalysen des ca. 6,45 m langen Fahrzeugs ergaben eine Fertigung zwischen 1301 und 1408 n. Chr.

 

In einer Auflistung aus dem Jahre 1881 werden nur noch drei Einbäume am Chiemsee aufgeführt. Einer der letzten Chiemsee-Einbäume ist als Leihgabe des Bayerischen Nationalmuseums auf dem Dachboden des Heimatmuseums in Prien untergebracht. Er misst 7,40 m in der länge sowie 85 bis 96 cm in der Breite und wurde ebenfalls aus Eichenholz gefertigt. Noch vorhandene Dübel- bzw. Nagellöcher im Bereich des Gansen (Bug) belegen, dass diesem ursprünglich ein Schiffschnabel aufgesetzt war, der das von vorne einfallende Spritzwasser reduzieren sollte. Der Spiegel (Heck) ist eingesetzt, ca. 8,5 cm dick und durch eine kräftige, das Heck umgreifende Eisenklammer sowie durch mehrere Eisennägel an beiden Bordwänden befestigt. Die 60 bis 62 cm hohen Bordwände gehen senkrecht aus dem ca. 5 cm mächtigen Bootsboden hervor und weisen dabei eine Dicke von ca. 4 cm auf. Auch der Einbaum von Prien besitzt vier lochartige Aussparungen auf der Backbordseite, die der Aufnahme von sog. Widrudern gedient haben könnten. Besonders auffällig sind die zahlreichen Reparaturstellen des Einbaumes. Sie belegen damit nochmals eindrücklich den hohen Wert dieses Bootstypus am Chiemsee. Mit dem Einbaum von Josef Wopfner erlischt letztlich die jahrtausendealte Tradition des Einbaums am Chiemsee. Der Mangel an geeigneten Eichenstämmen sowie die teure Herstellungsweise dürften dazu geführt haben, dass von nun an andere Bootstypen, wie z. B. Plätten oder Zillen, in den Vordergund traten.

 

 Tobias Pflederer