Main und Saale - "Auf der Suche nach Binnenhäfen"

Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogrammes „Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter“ betreut der Bereich für Ur- und Frühgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit dem dortigen Historischen Institut das Teilprojekt „Binnenhäfen im fränkisch-deutschen Reich“. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Erforschung von ehemaligen Binnenhäfen in der Zeit zwischen 500 und 1250 n. Chr. und Ihrer Bedeutung bei Verkehr und Kommunikation. Neben dem regionalen Vergleich verschiedener Hafenbefunde an zentralen Fluss-Systemen wie Rhein, Rhône, Saône und Po liegt ein weiterer Forschungsschwerpunkt auf archäologischen Feldstudien an vermuteten Standorten mittelalterlicher Binnenhäfen im Bereich Unterfrankens – in erster Linie an den Fluss-Systemen von Main und Saale. Hier begleiteten Taucher der BGfU die Untersuchungen in unterstützender Funktion mittels Einsatz von Side-Scan-Sonar und unterwasserarchäologischen Prospektionstauchgängen.

 

 

Im Januar 2013 machten sich Taucher der BGfU zusammen mit Andreas Wunschel M.A. von der Universität Jena zunächst an die Saale und ihren frühmittelalterlichen Siedlungsraum „Mühlstatt-Binsenhausen“ bei Salz / Bad Neustadt auf. Hier wird der Fluss mit seinen umgebenden, fruchtbaren Böden von mehreren Befestigungsanlagen eingerahmt, wie z. B. dem herausragenden Veitsberg, der als „Anwärter“ für einen  früh-/hochmittelalterlichen Pfalzbereich mit eindrucksvoller Umwehrung gehandelt wird. Bei Schnee und eisigen Temperaturen wurden in Fließrichtung systematische Tauchgänge durchgeführt. Die Suche galt vor allem Resten von möglichen Anlandestellen und Furten sowie der Dokumentation von eventuellen Einzelfunden. Die Beobachtungen zeigten allerdings, dass sich die Saale mit einer Wasserlinie von zwei bis drei Metern unter Normalniveau in heutiger Zeit bereits unter den frühmittelalterlichen Fundschichten befindet. Angeschnittene Befunde im Flussverlauf konnten nicht entdeckt werden, ebenso wenig wie frühmittelalterliches Fundmaterial.

 

 

Weitere  Prospektionstauchgänge wurden im April 2013 im Main bei Karlburg durchgeführt und durch den Einsatz eines Side-Scan-Sonars unterstützt. Wie umfassende  Forschungen in den letzten 30 Jahren zeigten, erstreckte sich hier am Westufer des Main  die Wüstung „villa Karloburg“  Zahlreiche frühmittelalterliche Importwaren u.a. aus dem Rheingebiet belegen die Nutzung der Verkehrsstraße „Main“ und die Anbindung Karlburgs an weiter entfernt gelegene Siedlungsräume. Die ca. 20 Hektar große Siedlung wurde vom 6. bis ins 13. Jahrhundert kontinuierlich genutzt und bestand aus einem Kloster, herrschaftlichen Bauten, handwerklich-gewerblich genutzten Bereichen, Wohnhäusern und Ställen. Insgesamt dürfte es sich bei der Siedlung um einen überregional bedeutenden Zentralort des Frühmittelalters gehandelt haben, der mit seiner Funktion als Handels- und Umschlagplatz an frühstädtische Anlagen erinnert. Auch eine Hafenanlage in einem wohl verlandeten Bereich darf angenommen werden. Im Rahmen der Untersuchungen konnten heute Unterwasser liegende Buhnenbauten identifiziert werden, die vor den 1830er Jahren im Main errichtet wurden. Die Dokumentation ihrer Lage ergab im Zusammenhang mit deren Darstellung auf mehreren historischen Karten einen wichtigen Anhaltspunkt für die jüngere Nutzungsgeschichte des Gewässers in direkter Nähe zur früh- und hochmittelalterlichen Kernsiedlung.

 

 

Tobias Pflederer