Es waren die intensiven und seit dem Jahr 2008 durchgeführten unterwasserarchäologischen Forschungen des International Centre for Underwater Archaeology in Zadar (ICUA) in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e. V. (BGfU), die einen einmaligen Einblick in die Siedlungskontinuität in der Bucht von Veštar gestatteten. Diese Untersuchungen fanden zu Beginn des Jahres 2013 in Form einer einwöchigen Kampagne nun ihr vorläufiges Ende.
Die Untersuchungen der letzten Jahre ließen den Schluss zu, dass die natürlich geschützte Bucht von Veštar über Jahrhunderte hinweg als Hafen genutzt wurde. Lesefunde vom Untergrund der Bucht datieren bereits in prähistorische Zeit. Im 1. Jh. v. Chr. wurde die Bucht dann dichter besiedelt, als dort eine römische villa rustica mit einer großen, 50 m langen steinernen Mole an der Südseite der Bucht errichtet wurde. Die Nutzung dieser Mole endete zu Beginn des 3. Jh. n. Chr., jedoch blieb die Bucht weiterhin besiedelt, wie Einzelfunde zeigen. Schriftquellen weisen dieser Siedlung des 3. bis 7. Jh. n. Chr. den Namen „Vistrum“ zu. Bisher gelang es jedoch nicht, eine Hafenanlage jener Zeit zu lokalisieren. Zwischen dem 8. und 15. Jh. n. Chr. gibt es keine Hinweise auf eine Nutzung der Bucht. Zwischen dem 16. und 18. Jh. n. Chr. steigt die Fundmenge dann erneut an, bevor sie im 19. Jh. n. Chr. erneut zurückgeht.
Die Periode zwischen dem 16. und 18. Jh. n. Chr. ist von besonderem Interesse, da kaum Aufzeichnungen aus dieser Zeit über den Ort existieren, wohingegen zahlreiche Funde den Ort als ein maritimes Handelsdrehkreuz darstellen. Spuren von Produktionsresten von glasierter Ware und Glas am Meeresgrund der Bucht sind vage Indizien für die Existenz eines Produktionskomplexes innerhalb der Bucht. Hauptaugenmerk der unterwasserarchäologischen Untersuchungen dieses Jahres war daher die Lokalisation der Anlandestation für die Transportschiffe dieser Zeit. Untersuchungen des Terrains im vergangen Jahr hatten bereits vage Spuren von Molenstrukturen erbracht. Eine davon wurde im Nordosten lokalisiert (sog. „Pier 2“), eine weitere im flacheren Bereich des Südufers, angedeutet durch unregelmäßige Steinblöcke mit einer Schuttverfüllung (sog. „Pier 3“). An letzterer wurden 2013 zwei Suchschnitte sowie eine Sondage angelegt, um die Molenstruktur und deren Genese stratigrafisch zu untersuchen.
Ein erster Suchschnitt („ROV F“) an der Nordostkante der Anlage zeigte, dass die Füllung der Mole aus Bauschutt bestand. Auffällig waren zahlreiche große Backsteine, von denen einige mit Gips und Kalk überzogen waren und damit offenbar von abgerissenen Gebäuden stammten. Ein weiterer Suchschnitt („ROV E“) wurde am seeseitigen Kopf der Mole angelegt. Hier konnten Steinblöcke entdeckt werden, die evtl. während dem Einsturz der Mole von ihrem Platz verrückt worden waren. Die Sondage D zeigte unter einer schwarzen, schlammigen Oberflächenschicht mit Seegrasbewuchs die bereits erwähnte Versturzschicht aus Bauschutt. In diesem konnte lediglich ein Steinblock entdeckt werden - offenbar in sekundärer Positionierung - sowie eine große Steinplatte, die auf eine einstige Pflasterung der Mole hindeuten könnte. Unterhalb der Versturzschicht kam eine dichte Ablagerung von hölzernen Ästen hervor, die Schnittspuren aufwiesen, einige waren partiell angebrannt. Möglicherweise stammen die Hölzer von der Rodung des Unterholzes der Uferregion.
Dies könnte auf das Freihalten einer Fläche und somit indirekt auf eine Hafenstruktur oder ein ähnliches Operationsareal hinweisen, welches allerdings bisher nicht näher zu charakterisieren ist. Basierend auf den archäologischen Funden kann zusammengefasst werden, dass die aktuell dokumentierte Mole wohl im 17. Jh. n. Chr. mit Verwendung von Bauschuttverfüllung erbaut wurde und dass Sie bis ins 18. Jh. n. Chr. genutzt wurde. Anschließend verfiel die Struktur allmählich. Neben einer Fülle von Keramik des 17. bis 18. Jh. n. Chr. wurden mehrere Tabakpfeifen entdeckt - ein auffällig häufiger Fundtyp in der Bucht von Veštar. Außerdem zeigten sich wiederum Reste, die mit der Herstellung von Glanztonware zusammenhängen sowie in Verbindung mit dem Glasschmelzprozess und der Erzeugung von Glasrohmaterial stehen. Das wohl interessanteste Fundstück der diesjährigen Kampagne präsentierte sich in Form einer metallischen Plakette, ein Wappenschild darstellend, mit den Initialen „VZ“ in der oberen Hälfte und einem ungezügelten Pferd, das auf seinen Hinterläufen steht, seinen Kopf nach links gewand. Die Plakette könnte z. B. auf einer hölzernen Truhe befestigt worden sein.
So erfolgreich das kroatisch-bayerische Kooperationsprojekt der letzten fünf Jahre gewesen ist, werfen die Ergebnisse wieder einmal weitere Fragen auf, welche nur durch parallelisierte, archäologische Untersuchungen an Land beantwortet werden können.
Max Fiederling / Luka Bekić / Tobias Pflederer