Prospektionen im Niedersonthofener See 2015                                    "Eine mittelalterliche Anlandestelle?"

Im Jahr 2008 wurden durch den ehrenamtlichen Denkmalpfleger Franz Hau in Zusammenarbeit mit Franz Herzig, dem Dendrochronologen des BLfD, mehrere Holzreste in Drainagegräben westlich eines Parkplatzes vor dem Nordwestufer des Niedersonthofener Sees (Gde. Waltenhofen, Lkr. Oberallgäu) dokumentiert. Offensichtlich befand sich die Fundstelle in einer Verlandungszone des Sees. Dendrochronologische Untersuchungen an vier Fichtenhölzern hatten eine Datierung von ca. 1402 n. Chr. ergeben, während die Eschen und ein Span aus Tannenholz nicht dendrochronologisch datiert werden konnten. 14C-Analysen am AMS-Labor Erlangen hatten an zwei ausgewählten Hölzern dann überraschenderweise eine eisenzeitliche Datierung ergeben. Vor diesem Hintergrund erfolgten am 12. und 13. September 2015 unterwasserarchäologische Prospektionstauchgänge mit begleitenden Sidescan-Fahrten vor dem nordwestlichen Seeufer, das der Fundstelle vorgelagert ist.

 

Von Seiten der BGfU waren Tobias Pflederer, Jürgen Reitz und erneut Franz Hau beteiligt. Unterstützt wurden die Taucher durch die Wasserwacht Kempten (Hr. Weizenegger) mit einem Boot. Relativ rasch konnten in 15 bis 20 m Entfernung zur heutigen, nordwestlichen Uferlinie und auf einer Länge von 37 m mehrere Koniferenpfähle entdeckt werden. Diese konzentrieren sich vorwiegend auf einer Linie parallel zum heutigen Uferverlauf und befinden sich an einer Sedimentkante in ca. 1 bis 2 m Wassertiefe. Sie sind größeren Bruchsteinen offensichtlich zur Abstützung vorgelagert. Diese Stützfunktion wird auch durch zwischen die Pfähle eingebrachte Querhölzer (vorwiegend in Form von Ästen und Holzstangen) nahegelegt. Mehrere Pfähle und auch Steine sind an der anschließend steilen Sedimentkante in Richtung See, d. h. nach Süden hin verstürzt. Neben rezenten Funden konnte eine Bodenscherbe mit dicker Lamellierung – evtl. hoch- bis spätmittelalterliche Zeitstellung – dokumentiert werden. Die durchgeführten dendrochronologischen Untersuchungen des BLfD (Franz Herzig) gestatteten an einem verprobten Tannenpfahl eine Datierung in das Jahr 1348 n. Chr. Außerdem konnte ein weiterer Fichtenpfahl mit der Fichtenserie von 2008 auf dasselbe Endjahr – also 1402 n. Chr. – synchronisiert werden. Diese mittelalterliche Datierung ist jedoch unsicher, da sämtliche bislang verprobten Hölzer seit 2008 keine ausreichende Anzahl von Jahresringen aufweisen und die früheren 14C-Untersuchungen aus dem Jahr 2008 eine latènezeitliche Datierung erbracht hatten. Ungeklärt ist auch noch die genaue Interpretation der Anlage. Geht man von einer abgestützten, ehemaligen Uferverbauung aus, so kann eine – eventuell mittelalterliche – Anlandestelle für kleinere Boote und Flöße vermutet werden. Die Nutzung des Gewässers als Transportweg darf sicher angenommen werden, nachdem der Niedersonthofener See über die Inselseen und mit seinem Ausfluss, dem Seebach, einen direkten Kontakt zur Iller besitzt.

 

 

Tobias Pflederer