Die jungneolithische Pfahlstation von Kempfenhausen                    Kampagne 2013 - "synchron verkippt?"

In den letzten beiden Oktoberwochen des Jahres 2013 machten sich die Taucher der BGfU erneut auf, um die unterwasserarchäologischen Untersuchungen an der jungneolithischen Pfahlstation von Kempfenhausen fortzuführen. In Absprache mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) sollten die Oberflächenaufnahmen in der Teilfläche Nummer 6 abgeschlossen werden. Neben einer aufsehenerregenden Randscherbe mit Sonnensymbol hatte die Kampagne des Jahres 2012 interessanterweise auch eine Erweiterung der dendrochronologisch bestimmten Fälldaten an den entnommenen Holzproben gestattet. Diese wiesen nun einerseits ein Datum für das Jahr 3718 v. Chr. sowie andererseits eine Zeitspanne zwischen 3746 und 3737 v. Chr. auf.

 

Nach Bezug eines Seitenraumes in der Bootshütte der Bayerischen Seenverwaltung am Westufer des Starnberger Sees gegenüber der Roseninsel nahm die Grabungsmannschaft der BGfU ihre Arbeit auf. Diese bestand in der ersten Woche aus Tobias Pflederer, Mario Bloier, Max Fiederling und Jürgen Reitz. In der zweiten Woche ergänzten Marcus Thier, Robert Angermayr und Detlef Peukert die Tauchmannschaft. Ausgehend von einer über dem ehemaligen Siedlungsareal installierten Plattform wurden in 84 Tauchstunden und 477 Mann-Arbeitsstunden insgesamt 50 Quadratmeter bearbeitet. Diese bestätigten den Befund eines oftmals bis auf den glazialen Tonrücken aberodierten Inselrückens, der erst im Randbereich und in abwärts geneigter Topografie von einer noch dünnen Seekreidestrate bedeckt wird. Lediglich in den Pfahlverzügen erhielt sich ein gering organisch durchsetztes Sediment, das als aquatisch durchmengter Rest der ehemals aufliegenden Kulturschicht interpretiert werden kann. In Übereinstimmung mit den stark erodierten Sedimentbefunden ragten auch die Köpfe der 39 dokumentierten Pfähle nur noch wenige Zentimeter aus dem anstehenden Boden. Allerdings offenbarten die Holzreste z. T. noch sehr gut erhaltene Bearbeitungsspuren, wie das Beispiel eines Pfahles mit erkennbaren Schlagfacetten durch die neolithischen Pfahlbauer zeigte. Interessanterweise wiesen viele der Pfähle eine identische Pfahlrichtung in Richtung Grabungs-Nordost auf – eine Beobachtung, die so in den vorangehenden Kampagnen noch nicht gemacht werden konnte. Dies könnte zumindest der vage Hinweis auf eine größere zusammenhängende Baukonstruktion sein, die durch eine gemeinsam gerichtete Kraft verstürzte. Die dendrochronologischen Untersuchungen der Hölzer stehen bei Drucklegung dieses Berichtes noch aus. Funde konnten in der diesjährigen Kampagne nur spärlich gemacht werden. Unter den lediglich neun Einzelfunden konnte jedoch erstmals ein Hinweis auf Fischfang in der neolithischen Pfahlstation von Kempfenhausen gemacht werden. Dies legt zumindest der Fund eines verrolten Netzsenkers aus Keramik nahe. Darüber hinaus wies eine kleinere, dünne Randscherbe ein bislang unbekanntes Verzierungselement auf, bestehend aus drei kleinen eingedrückten Vertiefungen direkt unterhalb des Gefäßrandes, das als Fingerkniffzier angesprochen werden kann und im Horizont Pfyn-Altheim bzw. frühes Altheim auch Parallelen in der neolithischen Moorsiedlung von Reute-Schorrenried des 38. Jh. v. Chr. findet.

 

Auch wenn sich die unterwasserarchäologischen Arbeiten am Starnberger See in den Folgemonaten und -jahren vorwiegend dem UNESCO-Welterbe Roseninsel widmen werden, sollten die Untersuchungen an der einzig echten Pfahlbausiedlung auf heutzutage bayerischem Boden fortgeführt werden. Letztlich bietet sich in Kempfenhausen die einmalige Gelegenheit, das komplette neolithische Pfahlfeld auf einem topografisch umschriebenen Bereich vollständig zu erfassen, bevor die Erosion zum Verschwinden der (noch) erhaltenen Pfahlreste geführt haben wird.

 

 

Tobias Pflederer