Die jungneolithische Pfahlstation von Kempfenhausen                  Kampagne 2010

Seit dem Jahre 1985 führt die BGfU unterwasserarchäologische Ausgrabungen an der jungneolitischen Seeufersiedlung Kempfenhausen am Ostufer des Starnberger Sees durch. O. Braasch hatte bei einem Erkundungsflug die auf einem 150 m langen und 50 m breiten glazialen Höhenrücken gelegene Fundstelle lokalisiert. Hierbei handelt es sich um die bislang einzige archäologisch nachweisbare "Pfahlbausiedlung" in bayerischen Gewässern. Mit ihrer Lage weit draußen im Freiwasser (es dürfte sich wohl um eine Inselsiedlung gehandelt haben) und mit mehr als 4 m unter dem heutigen Mittelwasserstand nimmt sie eine Sonderstellung unter den anderen Seeufersiedlungen des Alpenvorlandes ein.

 

Im April und Oktober des Jahres 2000 wurden die Arbeiten fortgeführt. Ein bereits in den Vorjahren angelegter Schnitt östlich des inselartigen Höhenrückuns wurde vergrößert, wodurch die Abfolge von möglicherweise zwei durch sterile Seekreide voneinander getrennten Kulturschichten bestätigt werden konnte. Fehlendes anthropogen beeinflußtes Material und der äußerst homogene Charakter lassen an der Interpretation der untersten "Kulturschicht" (Befund 4.0) als erste Siedlungsphase jedoch begründete Zweifel zu. Im Gegensatz dazu ist die oberste Kulturschicht (Befund 2.0) eindeutig mit der Siedlungstätigkeit auf diesem Höhenrücken in Verbindung zu bringen. Dies belegen der grobe Pflanzendetritus, Rinden und z. T. bearbeitete Spalthölzer - darunter auch der wichtige Fund eines hölzernen Bauelementes - , Holzkohlereste und einige Keramikbruchstücke, die diese Schicht charakterisieren.

 

Parallel zur Vergrößerung der Schnittfläche wurde die Kulturschicht (Befund 2.0) in ihrer Ausdehnung nach Norden, Süden, Westen und Osten untersucht. Sämtliche zu diesem Zweck durchgeführten Bohrungen zeigten mit zunehmender Entfernung von der Schnittfläche eine immer deutlicher werdende Auflockerung des organischen Schichtmaterials durch lakustrisches Sediment. Mächtiger Kulturschichtpakete mit einer größeren Konzentration an Fundmaterial, wie sie auch hier vor allem in den Bereichen der ehemaligen Uferkanten zu erwarten gewesen wären, konnten nicht entdeckt werden. Im Gegensatz dazu erbrachten die ebenfalls fortgeführten Oberflächenaufnahmen im Bereich des bereits stark erodierten Höhenrückens (Sektor 5) eine größere Anzahl von Funden, die in einem Bereich von wenigen Quadratmetern in hoher Konzentration dokumentiert werden konnten. Neben mehreren kleinen bis mittelgroßen, z. T. stichverzierten Keramikbruchstücken ist vor allem eine Wandscherbe mit Stichzier und Sonnenmotiv dargestellt durch zwei nahezu konzentirische Ringe hervorzuheben. Ein weiteres, großes Keramikbruchstück eines Topfes mit z. T. erhaltenem Boden weist ebenfalls Stichzier und eine in vertikaler Richtung subkutan-durchstochene Knubbe auf. Darüber hinaus konnte das Fundspektrum durch drei Silexpfeilspitzen erweitert werden, von denen zwei eine konkav eingezogene Basis und eine schlanke, längliche Form aufweisen. Nur das große Keramikbruchstück konnte duch seine Lage in einem größeren Pfahlverzug in Schichteinbindung dokumentiert werden. Der Rest der Funde, die im Zuge der Oberflächenaufnahmen gemacht wurden, lagen der Schicht meist dem glazialen Tonrücken direkt auf und scheinen damit Residuen der bereits stark fortgeschrittenen Erosion zu sein.

 

 

Tobias Pflederer