Kroatien, Der Hafen von Veštar 2011 - "... Ausgrabung, Ausstellung, Tagung"

Nach 2010 hatten auch 2011 wieder sechs unserer Mitglieder die Gelegenheit an einer Ausgrabung in der Bucht von Veštar teilzunehmen. Grabungsleiter war erneut Luka Bekić, der nach seinem Wechsel vom Hrvatski restauratorski zavod Leiter des International Centre for Underwater Archaeology in Zadar (ICUA) geworden war.

Ziel der diesjährigen Kampagne war das Erreichen des gewachsenen Boden in beiden Sondageschnitten. Nach einer Vorbesprechung der teilnehmenden BGfU-Mitglieder (Mario Bloier, Tobias Pflederer, Axel Sabisch, Dietlind Paddenberg, Richgard Schnell, Thomas Reitmaier) ging es am 17. April nach Kroatien in unser bekanntes Quartier in Jursići. An den ersten beiden Tagen mussten die Abdeckplanen entfernt werden, die am Ende der letztjährigen Kampagne die beiden Sondageschnitte vor Erosion und Schatzgräbern schützen sollten. Glücklicherweise waren die Seitenwände nahezu unversehrt, so dass bereits im Lauf des zweiten Tages mit dem Abflachen der rückwärtigen Wand begonnen werden konnte. Bei einer relativen Wandhöhe von annähernd 2 Metern war dies nötig, um die letzten Schichten zum gewachsenen Boden einfacher abtragen zu können. Leider gelang es nicht, diesen bis zum Ende der gemeinsamen Kampagne zu erreichen. Die kroatischen Kollegen, die eine Woche länger blieben, schafften es jedoch letztendlich. Die 2008 begonnene Grabung, die als Ziel die Erfassung und Datierung der römischen Mole hatte, kann als erfolgreich abgeschlossen betrachtet werden. Die jüngsten Funde datieren den Bau der Molenanlage in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. und damit deutlich früher, als die Funde an Land dies vermuten ließen. So sind wir dem Geheimnis der Bucht von Veštar und der Vorgängersiedlung Rovinjs etwas näher gekommen. Gänzlich gelöst wird es wohl erst nach weiteren Kampagnen sein.

 

Am letzten Grabungstag, dem 23. April, begaben wir uns noch auf die Suche nach vermeintlichen versunkenen Anlagen in der Nähe der kleinen, vorgelagerten Insel. Ein letzter Tauchgang, bei dem wir nochmals die Unterwasserwelt der Adria in vollen Zügen genießen konnten, ohne jedoch entsprechende Anzeichen zu entdecken. Die Rückfahrt erfolgte am 24. April.

 

Natürlich bestand der Aufenthalt nicht nur aus Tauchgängen, Unterwasserarbeiten und Fundzeichnungen. Bei traumhaftem Wetter und angenehmen Temperaturen wurden die 2010 geknüpften Freundschaften weiter gepflegt. Das obligatorische Grabungsfest am 22. April - diesmal gab´s selbstgemachtes risotto nero mit Calamari, wildem Spargel und gegrilltem Fisch - bildete wieder den Höhepunkt der gemeinsamen Arbeiten. Daneben fanden auch Ausflüge nach Pula und Rovinj statt, bei denen die örtlichen Sehenswürdigkeiten in einen historischen Kontext zum Grabungsareal gebracht werden konnten.

 

Am 1. Juli 2011 wurde im Heimatmuseum der Stadt Rovinj feierlich eine Ausstellung über die Ergebnisse der Grabungen der Jahre 2008-2010 eröffnet. Dabei wurde eine kleine Begleitveröffentlichung zur Ausstellung präsentiert, welche die Funde und die bisherigen Unterwasserarbeiten vorstellte. Sie entstand in Zusammenarbeit von Mitgliedern des ICUA und der BGfU und wurde mit Mitteln des Museums gefördert.

 

Sogar auf der IKUWA 4-Tagung (29. September bis 2. Oktober 2011) in Zadar / Kroatien stand unser gemeinsames Projekt auf dem Programm. Am 30. September 2011 berichteten L. Bekić und M. Pesić in ihrem Vortrag (Bay of Veštar site and the management of the project) über den derzeitigen Ergebnisstand und die weiteren Planungen.

 

2012 soll es in Veštar weitergehen. Nachdem der gewachsene Boden erreicht wurde, gilt die volle Aufmerksamkeit der Suche nach der spätantik-byzantinischen Mole, die nach der bisher untersuchten, ab dem 3. bis wohl ins 7. Jahrhundert n. Chr. bestand und die große Siedlung an Land mit dem Handel in der Adria verband. Daneben scheinen die vielen Funde an Feinkeramik des 15.-18. Jahrhunderts anzudeuten, dass die Bucht von Veštar auch zu dieser Zeit einen Knotenpunkt des Handels bildete. Anlegestellen sind bisher auch für diese Zeit nicht bekannt. So wird die Kampagne 2012 wohl größtenteils einem survey der Bucht und der Bearbeitung der Funde der letzten Kampagne gelten.

 

Abschließend ist anzumerken, dass auch die diesjährige Kampagne ein voller Erfolg war. Das neu gebildete bayerische Team konnte problemlos an die letztjährigen Erfolge anschließen und erneut eine enge Gemeinschaft bilden. Die Mitarbeit an einem international angesehenen Projekt, das nicht nur mit einem Vortrag auf der IKUWA, sondern auch einer eigenen Publikation und Ausstellung glänzte, ist für alle Beteiligten ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung. Für die BGfU ist es ein weiterer Beweis, dass wir den richtigen Weg gehen.

 

 

Mario Bloier