Türkei - Prospektionen an der Südküste des Marmara-Meers                                    Türkisch-bayerisches Kooperationsprojekt 2008

Auf Einladung von Prof. Mustafa Sahin der Archäologischen Fakultät der Universität Bursa erfolgten im Juli 2008 erste Vorgespräche zu gemeinsamen unterwasserarchäologischen Prospektionen an der Südküste des Marmara-Meeres. Hauptziel der geplanten Vorhaben wird die Erforschung ehemaliger Hafenanlagen der antiken Stadt Kyzikos (heutiges Erdek) sein.

 

Kyzikos befand sich an der Südküste des Marmara-Meeres und liegt auf dem Isthmus der gebirgigen Halbinsel Arktonnesos. Ürsprünglich besaß diese bedeutende Stadt zwei antike Häfen (jeweils einen im Westen und einen im Osten), die durch einen überbrückten Kanal miteinander in Verbindung standen. Als Gründungsjahr von Kyzikos existieren unterschiedliche Angaben zwischen 756 und 675 v. Chr. Im 6. Jh. v. Chr. wurde Kyzikos von den Lydern, danach von den Persern regiert. Nach den Perserkriegern war die Stadt Mitglied des Attischen Seebundes. Im Jahr 410 v. Chr. wurde vor Kyzikos die spartanische Flotte von Alkibiades geschlagen und die Stadt, die zu diesem Zeitpunkt keine Mauern besaß, besetzt. Im 4. Jh. erlangte die Stadt eine immer größere Unabhängigkeit und fiel im Bundesgenossenkrieg (357-355 v. Chr.) endgültig vom 2. Attischen Seebund ab. Danach war sie mehrmals in die Kämpfe der Diadochenzeit verwickelt. Nach der Schlacht von Kyrupedion (281 v. Chr.) fiel Kyzikos an die Seleukiden. Dennoch erlangte die Stadt im Jahr 218 v. Chr. erneut die volle Selbständigkeit. Auch nach der Errichtung der römischen Provinz Asia blieb Kyzikos zunächst eine freie Stadt. Erst unter Kaiser Tiberius (25 n. Chr.) verlor Kyzikos seine Souveränität. Unter Hadrian und Antoninus Pius litt Kyzikos unter schweren Erdbeben. 543 wurde die Stadt durch einen Erdstoß nahezu vollständig zerstört (Quelle: Der kleine Paully, Lexikon der Antike in fünf Bänden, Band 3, S. 424 f).

 

An herausragenden Bauwerken seien Reste der Stadtmauer, ein Theater sowie ein Amphitheater erwähnt. Der Zeustempel, der aus Dankbarkeit für die kaiserliche Unterstützung nach einem verheerenden Erdbeben in Hadrianstempel umbenannt worden war, zählte zu den 7 antiken Weltwundern. An diesem finden aktuell unter der Leitung des türkischen Archäologen Dr. Kochan Ausgrabungen statt. In Begleitung von Dr. Kochan konnten Mitglieder der BGfU sowie die archäologischen Kollegen der Universität Bursa mögliche Reste einer antiken Kaimauer in einem heutzutage verlandeten Bereich inspizieren. Weitere Begehungen und Schnorcheltauchgänge gestatteten zudem die Auffindung einer antiken Mole vor der Westseite des Halbinselisthmuses, die vorrangiges Ziel der Kampagne im Jahr 2009 darstellen wird.

 

Die einwöchige Rundreise der vier BGfU-Mitglieder wurde gebührend vor den Toren Trojas beendet. Die BGfU erwartet im kommenden Jahr eine spannende Entdeckungsreise in die antike Geschichte der Türkei...

 

 

Tobias Pflederer