Abtsdorfer See - Prospektionen rund um die Inselburg

Anfang August des Jahres 2000 wurden durch das BGfU-Prospektionsteam unterwasserarchäologische Untersuchungen an der Insel im Abtsdorfer See (Gemeinde Saaldorf, Lkr. Berchtesgadener Land) durchgeführt, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts durch mehrere Einzelfunde immer wieder in das Blickfeld archäologischen Interesses geraten war. In den Jahren 1928 sowie 1987 bis 1989 konnten an dieser Stelle insgesamt drei kupferne Flachbeile vom Altheimer Typ dokumentiert werden, von denen zwei durch einen Taucher im steilkantenartigen Uferbereich der Insel entdeckt wurden, während das dritte Flachbeil dem der Insel direkt gegenüberliegenden, westlichen Ufer entstammt. Ein Tüllenbeil sowie die Bruchstücke eines Schwertes repräsentieren latènezeitliche Aktivitäten im Abtsdorfer See. Der weitaus größte Anteil am Fundmaterial ist jedoch mittelalterlicher Zeitstellung und wurde - wie auch die latènezeitlichen Funde - an den kiesigen Ufersteilhängen der Insel von Tauchern in geringer Wassertiefe aufgefunden. Besonders hervorzuheben sind ein ca. 1,30 Meter langes Schwert der Hochgotik mit Buntmetalleinlagen sowie eine Lanzenspitze mit einem schmalen, 48 Zentimeter langen Blatt. Darüber hinaus sind zahlreiche mittelalterliche Messer, Armbrustbolzen und Keramik bekannt. Die Masse dieser Funde, wie auch deren überwiegender, militärischer Charakter lassen sich in Verbindung mit der ehemaligen, mittelalterlichen Festungsanlage auf der Insel bringen, deren Wall- und Grabenanlagen auch heute noch deutlich zu erkennen sind.

Die Inselveste war Mitte des 14. Jahrhunderts von Konrad III. von Kuchl als zentraler Herrschaftssitz erbaut worden. Dies geschah in Einverständnis mit dem damaligen Erzbischof von Salzburg, Ortolf, dem an der Erbauung einer starken Festungsanlage zur Abschirmung Salzburgs gegen den feindlichen, baierischen Norden sehr gelegen war. Im Jahre 1364 kam es schließlich zur ersten Belagerung der Inselburg durch die Baiern, die die Verteidiger - laut Literaturangaben - durch Anschwellen des Wassers zur Kapitulation zwingen wollten - jedoch ohne Erfolg. Als sich das Geschlecht der Kuchler der baierischen Lehenshoheit annäherte und seinen Herrschaftssitz nach Friedburg verlagerte, wurde die Burg im Abtsdorfer See 1385 an niederbaierische Herzöge verkauft. Kurze Zeit später gerät die nun baierische Inselveste abermals zwischen die Fronten und wird im Jahre 1388 durch salzburgische Söldner blutig erstürmt. Gerade letzteres Ereignis könnte einen Großteil der Funde, vor allem der militärischen, gut erklären.

 

Angesichts dieser historischen und archäologischen Vorgeschichte sowie der topographisch-strategischen Lage der Insel, die auch an eine mögliche Besiedlung bereits zu vorgeschichtlicher Zeit denken läßt, entschloß man sich zu ersten, unterwasserarchäologischen Prospektionen. Trotz des stark eutrophierten Zustandes des Sees und einer daraus resultierenden, mittleren Sichtweite von ca. 30 Zentimetern konnten dabei erste Ergebnisse erzielt werden. Die Uferkante der Insel fällt an beiden Längsseiten bereits nach wenigen Metern unter Wasser steil ab und erweist sich ohne jeglich Sedimentauflage als homogene, feste Kiespackung. Auch ein in geringer Wassertiefe verlaufendes, inselspornartiges Plateau in Verlängerung zur südöstlichen Schmalseite der Insel lieferte sedimentologisch dieselben Ergebnisse.

 

Somit konnte im Uferbereich der Insel keinerlei anthropogen beeinflußtes Schichtmaterial beobachtet werden, das auf eine gewisse Siedlungstätigkeit in diesem Areal Rückschlüsse zugelassen hätte. Auch sämtliche Funde, die im Zuge dieser Prospektion gemacht wurden, lagen dem erwähnten Kiesrücken ohne Schichteinbindung lose auf. Neben mehreren kleineren Eisenfunden und einer evtl. mittelalterlichen Eisenaxt konnte auch ein 9,2 x 5,0 cm großes Steinwerkzeug mit einer zentralen, nahezu runden Bohrung (2,2 bis 2,7 cm im Durchmesser) und mit leicht konkav geschwungenen Ober- bzw. Unterseiten geborgen werden. Diese dürfte als jungneolithische Steinaxt angesprochen werden. Sie befindet sich heute in der Archäologischen Staatssammlung in München.

 

 

Tobias Pflederer